COVID bedingte Betriebsstillegung in Mamming rechtswidrig und aufgehoben

Im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch und dem Hot-Spot im niederbayerischen Mamming hat das Landratsamt Dingolfing-Landau mit Bescheid vom 04.08.2020 den Betrieb einer Konservenfabrik stillgelegt. Diese erheblich einschneidende Maßnahme wurde mit der Notwendigkeit der Ermittlung des Infektionsherdes sowie der Erfüllung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen begründet. Gleichzeitig wurde eine Betriebsquarantäne angeordnet. Gegen diese maximalinvasive Maßnahme wurde Klage zum VG Regensburg eingelegt und zugleich Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gestellt; dies war erforderlich, weil der Klage vorliegend keine aufschiebende Wirkung zukam und damit die Betriebsstilllegung trotz Klage weiter galt. Nach umfassenden Abstimmungen zwischen den Beteiligten wurde am 07.08.2020 ein ergänztes Hygienekonzept nach den Vorgaben des Landratsamtes eigereicht. Dieses wurde seitens des Landratsamtes und des Gesundheitsamtes Dingolfing-Landau für ausreichend befunden. Dennoch weigerte sich das Landratsamt, die Betriebsstilllegung aufzuheben, da das Konzept erst vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelkontrolle (LGL) freigegeben werden müsse. Dessen Rückmeldung war zunächst für den 07.08. angekündigt, sodann für den 08.08.2020. Eine Reaktion erfolgte jedoch nicht bzw. erst mit erheblicher Verspätung am 13.08.2020. Diese Verzögerung bewertete auch das VG Regensburg als zu lang und unverhältnismäßig. Mit Beschluss vom 11.08.2020, Az. RN 14 S 20.1389, ordnete dieses die aufschiebende Wirkung der Klage an und hob damit die Betriebsstillgung einstweilen auf. Das Gericht ließ offen, ob die Stilllegung zunächst rechtmäßig angeordnet wurde, jedenfalls hätte sie nach Vorlage des ergänzenden Hygienekonzepts aus Verhältnismäßigkeitsgründen aufgehoben werden müssen. Am 12.08.2020 wurde die Fabrik wieder geöffnet.

 

Überraschend wurde anschließend jedoch über die Landesanwaltschaft Bayern Beschwerde gegen die Enstcheidung des VG Regensburg eingelegt mit dem Ziel, den Betrieb wieder stillzulegen. Diese Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20.08.2020, Az. 20 CS 20.1877, ab. Bezeichnend hierbei ist, dass dessen Beschlussbegründung deutlich weiter ging als die des VG Regensburg. Der BayVGH bewertete die Maßnahme von Anfang an als rechtswidrig und zwar aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen. Dieses Judikat ist daher für den Freistaat Bayern deutlich nachteiliger und kritibeladener als der ursprüngliche Beschluss. Besonders schwerwiegend ist der Vorwurf des Ermessensausfalls gegenüber dem Landratsamt, welcher die schwerste Form eines Ermessensfehlers darstellt.

 

Die Fabrik läuft nach wie vor. Über die Kompensation von Umsatzeinbußen wird noch zu entscheiden sein. Bei allem Verständnis für den Gesundheitsschutz und der Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen, verschafft ein Corona-Ausbruch keinen rechtlichen Freibrief für jedwede behördlichen Maßnahmen. Die grundlegenden Anforderungen an rechtmäßiges Verwaltungshandeln, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, gelten auch und gerade hier. Diese Grenzen wurden dem Freistaat Bayern hier mit deutlichen Worten aufgezeigt.

 

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Sebastian Heidorn

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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