HessVGH erklärt für Landwirt belastenden Bebauungsplan für unwirksam

Sebastian Heidorn – Rechtsanwalt bei Labbé & Partner

Die Kanzlei Labbé und Partner hat erfolgreich einen Landwirt (Schweinezucht und Milchviehhaltung) vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan vertreten. Der landwirtschaftliche Betrieb, welcher in den 1950er Jahren vor die Stadttore aussiedelte, sieht sich heute aufgrund städtebaulicher Fehlplanungen von Wohnbebauung umzingelt. Diese von der Gemeinde selbst herbeigeführte missliche Lage nahm diese nunmehr zum Anlass, insbesondere auf dem Hofstellengrundstück ein allgemeines Wohngebiet festzusetzen. Dieses hätte flächendeckend gelten sollen, d.h. sowohl im Bereich des Schweine- und Kälberstalls, der Maschinenhallen und des Betriebsleiterwohnhauses. Mit dieser Festsetzung wären erheblichste Einschränkungen bei Ausübung der Landwirtschaft verbunden gewesen – denn wie sollten direkt an der Hofstelle die engen Grenzwerte der GIRL für ein Wohngebiet eingehalten werden? Als vermeintliche Abmilderung wurde dem Landwirt nach dem Bebauungsplan jedoch gestattet, Erweiterungen, Erneuerungen und Nutzungsänderungen an seinem Betrieb vorzunehmen, wenn in diesem Zusammenhang sämtliche jeweils entstehenden Emissionen „mehr als nur geringfügig“ reduziert werden. Hinsichtlich der Reduzierung der Geruchsemissionen wäre dies jedoch nur mit einer technischen Nachrüstung für ca. 200.000 € zzgl. gestiegener Betriebskosten möglich gewesen. Der kanzleiintern bearbeitende Anwalt, RA Sebastian Heidorn, stellte bereits in der Verhandlung fest, dass diese Kosten unverhältnismäßig und mit dem vorhandenen Tierbestand nicht amortisierbar seien. Damit wäre eine Erweiterung und Erneuerung faktisch versperrt.

Der Landwirtschaftsbetrieb hatte während des Verwaltungsverfahrens umfassend gegen die zwangsweise Überplanung seines Grundstücks und die Erschwerung der landwirtschaftlichen Tätigkeit eingewendet, was die Gemeinde jedoch jeweils unbeeindruckt ließ. Nach vierstündiger Gerichtsverhandlung inklusive Ortstermin stellte der HessVGH nunmehr fest, dass der Bebauungsplan unwirksam sei, insbesondere weil die o.g. vermeintliche Abmilderung realistischerweise nicht umsetzbar sei. Der erhebliche Vorteil für den Antragsteller ist nunmehr, dass in der näheren Umgebung seiner Hofstelle wohl nunmehr die Richt- und Grenzwerte eines Dorfgebietes und nicht eine Wohngebietes gelten.

Das entschiedene Gerichtsverfahren zeigt mustergültig die Konflikte der sog. heranrückenden Wohnbebauung zu landwirtschaftlichen Betrieben auf (wobei sich vorliegend maßgeblich die Gemeinde und nicht die Anwohner gestört fühlte). Bei entsprechenden Planungen einer Gemeinde ist es von erheblicher Bedeutung umfassend gegen den Bebauungsplan einzuwenden und diesen bei Bedarf auch einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Anderenfalls kann die Existenz eines mühevoll aufgebauten Betriebes durch eine derartige Planung zerstört werden.

Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Gemeinde kann gegen das Urteil die Nichtzulassungsbeschwerde der Revision erheben, welche dann vor dem BVerwG behandelt wird. Indes bahnt sich ein weiterer Konflikt an, den der Landwirt hatte bereits angekündigt auf seinem Hofgrundstück einen neuen Jungviehstall errichten zu wollen. Dies lehnt die Gemeinde ab.

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Sebastian Heidorn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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